Das „weiße Gold“ der Energiewende ist einer der konfliktreichsten Rohstoffe seit den Goldräuschen des 19. Jahrhunderts. Lithium gilt als das leichteste Metall auf der Erde und als essenzieller Rohstoff für die Dekarbonisierung und Digitalisierung von Wirtschaft, Verkehr und Energie im Globalen Norden. Das silberweiße Leichtmetall kommt zumeist nur in sehr niedrigen Konzentrationen vor und verursacht bereits bei Berührung schwere Verätzungen und Verbrennungen. Sein Abbau findet in ökologisch sensiblen Lebensräumen statt und bringt zahlreiche Folgen für Mensch und Umwelt mit sich: vom Verlust endemischer Pflanzen- und Tierarten über das Austrocknen fossiler Grundwasserreserven, Salzseen oder Feuchtgebiete.
Ob Batterien oder Akkus für Smartphones und Elektroautos: Lithium gilt als bislang konkurrenzloser Ladungsträger im Zuge der Energiewende. Teilweise dient es aber auch zur Herstellung von Aluminium, Glas oder Keramik sowie zum Bau von militärstrategischen digitalen Instrumenten oder auch Wasserstoffbomben. Als mögliche Alternativen werden u.a. Natrium, Magnesium, oder Calcium gehandelt. Der weltweite Bedarf steigt kontinuierlich, bis 2028 soll er sich gar verzehnfachen: dann werden jährlich fast 1,6 Mio. Tonnen Lithium allein für den Bau von Akkus nötig sein.
Gewonnen wird es heute vor allem im sog. Lithium-Dreieck zwischen Argentinien, Bolvien und Chile, auf zumeist indigenen Territorien, wo die weltweit größten Vorkommen vermutet werden. Große Förderstätten liegen unter dem Uyuni-Salzsee in den bolivianischen Anden sowie in der chilenischen Atacama-Wüste. Trotz vielfältiger vorhandener Rechtsinstrumente zum Schutz indigener Völker und deren Territorien (Verfassungen, ILO 169 uvm.), werden die Menschen vor dem Eindringen der (internationalen) Förderunternehmen in den meisten Fällen nicht vorab konsultiert oder deren Zustimmung eingeholt. In Argentinien fließt ein Großteil der Gewinne direkt an die Unternehmen, nur 3 % verbleiben in der Region. Das führt laufend zu Protesten.
Die Gewinnung erfolgt je nach Produktionsland auf unterschiedliche Art und Weise: In Australien wird der Rohstoff im Tagebau gewonnen und zur Aufbereitung nach China transportiert. Dort wird es mit hohem Energieaufwand verhüttet. In Lateinamerika setzt man zumeist auf das Abpumpen von mineralhaltigem, teils fossilem Grundwasser (Salzlake) aus der Tiefe in künstlich angelegte Becken.
Dort verdunstet es über Monate an der Oberfläche, der Rückstand enthält Lithium, als Nebenprodukt kann Kalium gewonnen werden.
Im Salar de Atacama in Chile wirkt sich dies direkt auf die Wasserreserven aus. Denn die Atacama-Wüste zählt zu den trockensten Gebieten der Erde, vereinzelt regnet es nur knapp 1 mm alle 5 bis 20 Jahre. Befürchtungen legen nahe, dass das Abpumpen den Grundwasserspiegel zusätzlich absinken lassen könnte, wodurch Salz- und Süßwasser sich zu vermischend drohen. Das kann langfristig zu einem Trinkwasserverlust für Mensch und Tier führen. Bereits jetzt verenden Fischbestände. Die zusätzliche Verdunstung in den Becken entzieht die Wasserreserven dem Kreislauf und führt zu starker Trockenheit. Teilweise wird das Wasser so stark rationiert, dass die Menschen nur alle 14 Tage Zugang zu Trinkwasser haben. Die Lithiumgewinnung hingegen benötigt z.T. 900.000 Liter Salz- und 380.000 Liter Süßwasser pro Tonne, das auf Flüssen wie dem Trapiche abgepumpt wird. Damit steht sie in direktem Vergleich mit der Massentierhaltung von Rindern.
Um die Lithiumproduktion künftig nachhaltig zu gestalten, benötigt es noch zahlreiche technische Nachbesserungen: Energieeffiziente Verfahren zum Recycling von Batterien & Co., um den Abbau-Bedarf zu mindern, das verdunstende Wasser könnte zu Trinkwasser aufbereitet werden, die Mineralrückstände in der Sole könnten zu weiteren Produkten weiterverarbeitet werden, uvm. Auch die Regionalisierung des Abbaus durch Entwicklung standortspezifischer Technologien ist ein wichtiger Schritt hin zu einer fairen Rohstoffpolitik. Denn heute verdienen die Arbeiter:innen in Argentinien kaum mehr als sog. „Cartoneros“, hauptberufliche Müllsammler:innen.