Als wichtigstes Bollwerk gegen die Bedrohung des Amazonas-Regenwalds gilt die Anerkennung indigener Siedlungsgebiete. In vielen Ländern stellen die von Indigenen kontrollierten Gebiete den besten Schutz zum Erhalt von biologischer Vielfalt und von Klimastabilität dar, wie auch naturwissenschaftliche Forschungen und Satellitenaufnahmen belegen – (illegale) Rodungen finden auf diesen Gebieten praktisch nicht statt. Der Erhalt der Wälder, insbesondere der tropischen Regenwälder, als wichtige Kohlenstoffsenke kann nur gelingen, wenn die Nutzungsrechte der indigenen und lokalen Gemeinschaften anerkannt werden und diese ihre traditionellen Nutzungspraktiken weiterhin befolgen und weiterentwickeln können. Die „verhinderte Entwaldung“ ist die kostengünstigste Maßnahme in Sachen Klimaschutz.
Der Schutz indigener Rechte wird auf internationaler Ebene durch unterschiedliche Gesetze, Richtlinien und Konventionen sichergestellt. Weltweit sehen sich indigene Völker auf ihren Gebieten von illegalen Rodungen und anderem gewaltsamen Eindringen bedroht: In den meisten Fällen geht es dabei darum, diese Flächen wirtschaftlich zu nutzen, sei es für Landwirtschaft, Bergbau oder auch Stromerzeugung. Neben der UN-Deklaration der Rechte indigener Völker ist das wichtigste internationale und verbindliche Rechtsinstrument die Konvention Nr. 169 der Internationalen Organisation für Arbeit, kurz ILO 169.
Die ILO 169 dient zum Schutz indigener Landrechte, weil sie die wirtschaftliche Nutzung indigener Territorien einschränkt und einem gesetzlichen Rahmen unterwirft. Doch nicht nur Länder mit indigener Bevölkerung haben diese Konvention unterzeichnet und ratifiziert – auch Länder wie Spanien, Luxemburg, die Niederlande und zuletzt Deutschland (2021) haben sich dazu bekannt.
Auch Brasilien hat die ILO 169 ratifiziert – dennoch hindert das nationale wie internationale Unternehmen nicht daran, sich Regenwaldflächen selbst auf indigenen Schutzgebieten gewaltsam anzueignen und diese wirtschaftlich zu nutzen. Eine grundlegende Hilfestellung bei der Verteidigung der eigenen Landrechte und deren Durchsetzung bieten daher sogenannte „Konsultationsprotokolle“, welche einen rechtlichen Rahmen schaffen, unter welchen Voraussetzungen gebietsfremde Personen die Siedlungsgebiete betreten dürfen. Mit Hilfe dieser Konsultationsprotokolle kann die Durchsetzung der ILO 169 rechtlich bindend gemacht werden.
Daher fanden in der Projektregion am Rio Negro begleitete Prozesse statt, um solche Konsultationsprotokolle für die fünf Teilregionen zu erstellen. Dabei unterstützen Anwält:innen des ISA (Instituto Socioambiental) die Menschen vor Ort in einem mehrstufigen Verfahren, um die Protokolle zu verfassen. Gemeinsam mit den Territorial- und Umweltmanagementplänen, die in den vergangenen 10 Jahren für die gesamte Region ausgearbeitet wurden, schaffen sie eine wichtige Grundlage, um den Schutz der Indigenen Territorien rechtlich auf breite Beine zu stellen. Essentiell ist dabei auch, dass die Bevölkerung selbst in den Prozess miteinbezogen wird und sie somit die Möglichkeit haben, gestalterisch an der Absicherung ihrer Landrechte mitzuwirken.
Seit November 2022 gibt es nun Konsultationsprotokolle für alle 5 Teilregionen sowie für das Gesamtgebiet. Eine offizielle Verleihung und Anerkennung der Protokolle durch die brasilianische Regierung erfolgte im Frühjahr 2023 in Sao Gabriel da Cachoeira.