Nach 18 Jahren des Engagements für die indigene Bewegung am Rio Negro – davon 8 Jahre als Präsident der FOIRN – geht der bisherige Präsident Marivelton Barroso neue Wege und bewirbt sich kommenden Herbst um den Bürgermeisterposten der Gemeinde São Gabriel da Cachoeira. Trotz zahlreicher Herausforderungen wie der Covid-19-Pandemie und der Regierung unter Jair Bolsonaro, erlebte der Dachverband der indigenen Organisationen vom Rio Negro unter Marivelton Barrosos Führung eine immense Stärkung: 37 Jahre nach ihrer Gründung zählt die FOIRN 74 Mitarbeitende auf ihrem Hauptsitz in Sao Gabriel da Cachoeira, sowie 333 Mitarbeitende in den fünf Regionalverbänden, die direkt in den indigenen Territorien aktiv sind. Damit gilt die FOIRN innerhalb Brasiliens als eine der einflussreichsten Vertretungsorganisationen indigener Völker. Auch international erlangte der Dachverband unter Barrosos Führung große Aufmerksamkeit und mahnte beispielsweise bei der Weltklimakonferenz 2023 in Dubai die wichtige Rolle indigener Völker für die Zukunft des Klimaschutzes ein.
Wer Marivelton Barés Nachfolge antreten wird, ist seit 28.06.2024 fix: Der 38-jährige Lehrer und Sozialanthropologe Dário Casimirio Baniwa wurde zum Präsidenten der FOIRN gewählt. An seiner Seite übernimmt Janete Figueredo Alves als erste Frau das Amt der Vize-Präsidentin.
Beide blicken auf langjährige Erfahrung in Führungspositionen zurück und waren auch bereits unter Marivelton Barroso Teil des Vorstands. Offizieller Amtsantritt ist im August 2024 – bis dahin erfolgt die Übergabe der wichtigsten Projektagenden.
Dário Baniwa stammt aus der Dorfgemeinde Nazaré am Rio Içana, einem der wichtigsten Nebenflüsse des Rio Negro und begann sein Engagement in der indigenen Bewegung als Leiter der Bildungsabteilung der FOIRN. Mit ihm als Präsidenten steht erstmals ein Vertreter des Volks der Baniwa-Koripako an der Spitze der FOIRN.
In seiner Dankesrede sprach Dario Baniwa von der Notwendigkeit, die demokratische Führung innerhalb der Bewegung weiterhin zu stärken und die Beziehungen zu anderen Institutionen und NGOs weiterhin in gutem Dialog aufrecht zu erhalten. Der Kampf für den Ausbau und die Stärkung der Rechte indigener Völker in Brasilien habe nach wie vor oberste Priorität. Er sei offen für den Dialog mit den Ältesten, um von deren Erfahrungen zu lernen. Wichtig sei es außerdem, neben der nationalen und internationalen Vernetzung die Verbindung zur Basis nicht zu verlieren und in gutem Austausch auf Augenhöhe mit den Menschen in den Dorfgemeinden zu stehen, um deren Bedürfnisse gut adressieren zu können. Durch seine langjährige Arbeit im Bildungsbereich gilt Dário Baniwa als bodenständiger Diplomat, der es versteht die unterschiedlichen Generationen in ihren Bedürfnissen miteinander in Dialog treten zu lassen.
Vize-Präsidentin Janete Figueredo Alves, vom Volk der Desana, ist bereits seit 2020 Teil des Vorstands der FOIRN. Sie ist seit Jahren im Kampf für die Anerkennung indigener Gebiete und die Stärkung regionaler Basisorganisationen aktiv. Die Rechte von indigenen Frauen und Jugendlichen sind ihr eine besondere Herzensangelegenheit und brachten sie bereits als Sprecherin vor das CEDAW-Kommittee der Vereinten Nationen in Genf. Zwischen 2013- 2016 war sie außerdem Mitglied des Frauenverbands ihrer Teilregion und 2017-2020 leitete sie die Frauenabteilung der FOIRN. Bei einer 3-wöchigen Reise durch österreichische Gemeinden im Oktober 2022 lernte sie auch die Arbeit des Klimabündnis und wichtige Klimaschutz-Initiativen hierzulande kennen.
Auch Carlos Neri Piratapuya, der zum 1. Stellvertreter gewählt wurde und bereits seit 1994 in der indigenen Bewegung aktiv ist, bringt viel Führungs- und Projekterfahrung mit.
Die beiden weiteren Vorstände Hélio Lopes und Edson Gomes gelten als gut vernetzt in ihren Regionalverbänden und stehen für einen offenen Dialog zwischen den Generationen.
Die Forderungen indigener Völker finden besonders in Zeiten der sich zuspitzenden Klimakrise vermehrt Aufmerksamkeit. Schließlich bietet ihr naturverbundener Lebensstil eine klare Alternative zum gängigen Modell, wenngleich sie zu den am stärksten betroffenen Gruppen weltweit gehören. Das zeigt auch die kürzlich erschienene interaktive Weltkarte “Das Klima im Jahr 2080” von US-Umweltforscher Matthew Fitzpatrick von der University of Maryland: Für die Amazonas-Metropole Manaus findet sich nirgends auf der Welt eine analoge Klimazone, was bedeutet: So heiß wie es dort 2080 werden wird, ist es heute an keinem Ort der Welt. Die Auswirkungen der Klimakrise werden dort also unbekannte Ausmaße annehmen.
Die Herausforderung der Anpassung an diese immer extremeren Bedingungen wird also eine der Hauptagenden des neu gewählten Vorstands der FOIRN sein. Das Klimabündnis wird sie auch in Zukunft bei dieser wichtigen Aufgabe unterstützen.