Der Karneval in Rio de Janeiro brachte heuer mehr als 12 Milliarden Real Umsatz, über 7 Millionen Menschen besuchten das Mega-Spektakel. Neben dem wirtschaftlichen Erfolg war der Karneval politische Plattform für Menschenrechte und Klimafragen. Vor 80.000 Menschen würdigte die traditionsreiche Sambaschule Acadêmicos do Salgueiro im Sambadrom das indigene Volk der Yanomami. „Wir leben noch!“ ist Botschaft und Refrain des eigens komponierten Karnevalshits. Die Darbietung zelebrierte die Schönheit des Weltbildes der Yanomami, die Verbundenheit mit Natur und spiritueller Welt. Gleichzeitig thematisierte sie die Gewalt und Umweltzerstörung, die durch illegalen Goldabbau in indigene Territorien gebracht wird.
Das Volk der Yanomami ist eines der 180 indigenen Völker, die im brasilianischen Amazonas-Gebiet leben. Ihr Lebensraum ist akut bedroht. Seit den 1980er Jahren wird ihr Gebiet von organisierten, internationalen Goldgräber-Konsortien und Drogenbanden überfallen und besetzt. 2022 musste der humanitäre Notstand ausgerufen werden. Über 470 Kinder starben an Hunger oder an den direkten und indirekten Vergiftungsfolgen durch Quecksilber. Die Yanomami-Organisation Hutukara fordert den sofortigen Abzug der Goldgräber, die weiterhin ins Gebiet drängen. Nach wie vor ist das Volk von Hunger, Krankheiten und Gewalt betroffen.
Entwaldung, Minen und Großinfrastrukturprojekte sind Auslöser für den menschengemachten Klimawandel. Verstärkt durch das Phänomen von El Ninõ wird der Amazonas zum Katastrophengebiet. Eine aktuelle Studie, vom Magazin Nature veröffentlicht, sieht den Kipppunkt des Amazonas näher als gedacht – schon 2050 könnte sich der Regenwald, aufgrund der zunehmenden Entwaldung, in Steppe verwandeln, mit unglaublichen Folgen für das Weltklima. So wüteten im Februar 2024, nach der Jahrhundertdürre des letzten Herbst, schwere Waldbrände. Laut EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus wurden so alleine in Brasilien an die 4,1 Megatonnen CO2 ausgestoßen. Im Bundesstaat Roraima ist das durch Quecksilber und Entwaldung verwüstete Gebiet der Yanomami stark durch die Brände betroffen; weiter südlich, im Bundesstaat Acre, sind es Jahrhundert-Überschwemmungen, die ganze Dörfer mit sich reißen.
Laut UN-Biodiversitätsrat sind indigene Territorien der wirksamste Schutz gegen die Entwaldung. Doch alleine gegen die Folgen des globalen Klimawandels zu kämpfen ist auch für indigene Völker unmöglich. Das vom Agro-Business dominierte brasilianische Parlament bekämpft mit willkürlichen, verfassungswidrigen Gesetzeserläßen die Anerkennung indigener Territorien. Eine eigene Parlamentsfraktion „Null Invasion“ unterstützt das gewalttätige Eindringen von Agro-Milizen in die Schutzgebiete.
Der Philosoph und Leader der Yanomami, Davi Kopenawa machte mithilfe der Sambaschule Salgueiro Leben, Kultur und Widerstand der Yanomami für die Weltöffentlichkeit erlebbar. Den Himmel oben zu halten, das sei die Aufgabe der Yanomami Schamanen im Amazonas. Ihre Lebensweise ist nachhaltig, sie pflegen den Regenwald wie einen lieben Verwandten. „Doch nun sei die Zeit gekommen, dass es die Regierungen, die großen Unternehmen und die „Handelsleute“ sind, die diese Arbeit machen müssen“ meint Kopenawa. Der sofortige Abzug aller illegalen Goldgräber wird gefordert. Der Aufruf zum Schutz des Regenwaldes aus indigener Perspektive ist ein Appell an die internationale Zusammenarbeit. Die indigenen Völker werden allein nicht in der Lage sein, die Zerstörung der Wälder, das Auftreten neuer Krankheiten und den Klimakollaps zu verhindern, meint Kopenawa im Film „Die Nachricht des Schamanen“(2019)
Das Klimabündnis Österreich hat sich dies schon vor 31 Jahren zur eigenen Aufgabe gemacht. Mit Hilfe der über 1000 Mitgliedsgemeinden in Österreich konnte die indigene Dachorganisation FOIRN am Rio Negro, in direkter Nachbarschaft zu den Yanomami, nachhaltig aufgebaut werden. Auch dank dieser Zusammenarbeit, im Interesse der 23 dort lebenden indigenen Völker, wurde das Gebiet am Rio Negro als weltweit größtes zusammenhängendes Feuchtgebiet der Erde erhalten!
In Österreich bilden die Klimabündnisgemeinden das größte Klimaschutznetzwerk des Landes. Vor Ort arbeiten sie an der Reduktion von Treibhausgasen und dem Aufbau nachhaltiger Kreislaufwirtschaft.
Partnerschaft bedeutet, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen. Das Wissen um globale Zusammenhänge bestimmt unser Handeln vor Ort. Die Energiewende kann den Klimawandel nur reduzieren, wenn sie weltweit passiert. Koloniale Rohstoffausbeutung und Entwaldung in indigenen Territorien ist nicht nur für die direkt Betroffenen, sondern ebenso für das Weltklima tödlich. Nationale und internationale Gesetzgebung zum Schutz der indigenen Völker und ihrer Territorien ist nötig und muss respektiert werden. Die ILO169 ebenso wir das EU-Lieferkettengesetz sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.